Montag, 6. August 2018

Postapokalyptisches Schreiben

5-8-18

Aus der Vogelperspektive betrachtet erscheinen die Grundstücke in meiner Straße als Rechtecke ähnlicher Größe und Form.
Ich hocke vor dem Haus auf der Bank (andersrum), die mein Großonkel aus einem Baudielen gebastelt hat. Auf dem Balkon nebenan telefoniert Cynthia.
Wir sind Menschen in Rechtecken.
Der Garten leidet unter der Hitzewelle. Die Klimakatastrophe ist in vollem Gang, und die letzten Tage hatte ich noch viel mehr als sonst das Gefühl, in einem Science-Fiction-Roman zu leben. Fast bin ich davon überzeugt, dass es nie mehr regnen wird. Dass ich einen aussichtslosen Kampf gegen die Hitze führe, dass nach und nach alle Pflanzen sterben werden. Eine Handvoll Verluste habe ich bereits zu beklagen. Der kleine Nadelbaum wird es wohl nicht schaffen. Die Pepperoni vertrocknen an den Stängeln, das ist nicht schlimm, Hauptsache, sie sind scharf.
Meine Handschrift fällt mir auf. Sie ist krakelig und verkrampft, kein Wunder - ich habe seit Jahrzehnten keinen längeren Text mehr mit der Hand geschrieben.
Verflucht sei die Digitalisierung! Alles wird so einfach, bis man nichts mehr selber macht.  End of rant.
Ich wollte mal Schriftsteller werden, fällt mir ein. Ich dachte mal, dass ich ziemlich gut schreiben könne. Jetzt ist alles eingerostet. Postapokalyptisches Schreiben.
Cynthia lacht.
Sie ist eine Truckerin, die ihre Haare selbst schneidet, Problem-Zähne hat, stolz auf ihren tiefergelegten Schirocco ist, und eine Kratzbürste vor dem Herrn. Ich mag sie.
Ich nehme mir vor, jeden Tag eine Seite zu schreiben, so müßte doch eigentlich irgendwann ein Buch entstehen, oder? Mal sehen, ob das hinhaut. Ich würde gern ein Buch geschrieben haben.

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